Erfahrungsberichte von AbsolventenChristina SchweigerSzia stok! Ein Praxisbericht aus dem Sozialzentrum Saniob in Rumänien
Gemeinsam mit Anneliese Moser begab ich mich am 27.02.2006 auf den Weg nach
Rumänien um dort das 14 wöchige Praktikum meines Sozialarbeitstudiums
anzutreten. Nach meiner HBLA Zeit begann ich an der Fachhochschule in St.
Pölten, „Sozial Arbeit“ zu studieren und war erfreut darüber eine geeignete Stelle für unser Auslandspraktikum im Rahmen der FH gefunden zu haben. So motiviert wir auch waren so aufgeregt waren wir dennoch am Tag unserer Abreise. Was wird uns dort in Rumänien erwarten?
Auf der Fahrt durch Ungarn war das Ost-West Gefälle erkennbar. Die Gegenden, die wir durchquerten, wurden zusehends ärmer. Neu renovierte Häuser wurden weniger und weniger, dafür die streunenden Hunde und die teils windschiefen Strommasten entlang der Straße immer mehr. Nach 7 Stunden Autofahrt waren wir nun an der rumänischen Grenze angelangt. Eine lange Schlange wartender LKW´s staute sich einige Kilometer lang davor. Wir konnten mit unserem PKW zum Glück ohne Wartezeit passieren. Die Straßen nach der Grenze waren in keinem guten Zustand und auf dem Weg nach Saniob mussten wir uns sehr konzentrieren um mit dem Auto in der Dunkelheit den vielen Schlaglöchern auszuweichen. Wir hofften, dass unser Fahrzeug das Praktikum ohne gröberen Schaden überstehen wird.
Nach einer weiteren Stunde kamen wir schließlich im Sozialzentrum in Saniob an in dem wir die nächsten 3 Monate verbringen sollten. Zum Zentrum gehören drei Kinderheime, ein Bildungshaus eine Großküche, eine Landwirtschaft und eine Tischlerei. Das Projekt wurde durch
gemeinsame Spendengelder aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden finanziert. Die Idee und Verwirklichung beruht auf den Diakon Ronald Ehlers aus Berlin, der 5 Jahre vor
Ort verbrachte um das Zentrum aufzubauen.

Saniob ist ein kleines Dorf im Nord-Westen Rumäniens, nahe der ungarischen Grenze mit 1200 Einwohnern. Davon gehören 800 der ungarischen Minderheit an. Am Rand des Dorfes gibt es eine Romasiedlung. Diese Bewohner kann man nur schätzen, da sie keine Geburtsurkunden besitzen. Ihre Behausungen sind zerfallene Hütten, ohne Strom und Wasser und meist mit undichten Dächern und Fenstern. Oft sind die Hütten nicht größer als ein paar m² und darin
wohnen diese Familien mit ihren vielen Kindern. In den Heimen war ein kleines Mädchen aus diesen Verhältnissen. Man erzählte uns, dass sie das elfte Kind einer 29 Jährigen Frau ist, die mit den anderen Kindern in einer Hütte von 8m² lebt.
Unser Aufgabenbereich im Zentrum bestand vor allem in der Mitarbeit in den Heimen. Dazu zählte die Betreuung und Pflege der Kinder sowie die Mithilfe im Haushalt. Trotz sprachlicher Barriere konnten wir schnell eine gute Beziehung zu den Kindern und dem Personal aufbauen und wurden sehr gut aufgenommen. In diesen Heimen befinden sich derzeit 26 Kinder von 2 -14 Jahren. Um das Sozialsystem Rumäniens kennen zu lernen begleiteten wir die beiden Sozialarbeiterinnen bei ihren Amtsbesuchen. Ebenso bekamen wir einen Einblick in die akute Armut der Bevölkerung, als wir die Verwandten der Heimkinder aufsuchten.
In Saniob gibt es viele bäuerliche Familien. In unserer Praktikumszeit war es uns möglich einige davon besser kennen zu lernen. In Rumänien ist es am Land immer noch lebenswichtig sich selbst versorgen zu können. Die Bauern besitzen ein paar wenige Ar oder Hektar, ein bis zwei
Schweine, Schafe oder Ziegen, zumeist etwas frei herumlaufendes gemischtes Geflügel und wenn sie etwas „reicher“ sind auch ein paar Rinder. Der Bauer mit den meisten Kühen hatte 6 Milchkühe. Ihn traf ich manchmal am Morgen. Er war immer sehr freundlich und machte Witze während er meistens gerade damit beschäftigt war seine Milch in verschiedenen Kannen und Plastikkübeln dem LKW Fahrer des Milchtankers hinauf zu hieven, der sie dann in den Tank hinein lehrte.

Das gängigste Fortbewegungsmittel ist am Land immer noch das altbewährte Pferdefuhrwerk. Autos besitzen in Saniob nur wenige wie zum Beispiel der Pfarrer, der Doktor, der Bürgermeister und das Sozialzentrum. Die Treibstoffpreise sind sehr hoch für rumänische Verhältnisse. Ein Liter Diesel kostet umgerechnet in etwa gleich viel wie bei uns in Österreich. Der Mindestlohn wurde 2006 auf 100€ im Monat angehoben und nur wenige verdienen darüber hinaus.
In diesen 3 Monaten konnten wir ein Land voller Gegensätze kennen lernen: Die desolaten Hütten der Romasiedlung hier und ein paar hundert Meter weiter die große Villa des Schuhfabrikanten. Ebenso die kleinbäuerliche Familie mit ihren 2 Kühen und dem kleinen Feld hinterm Haus und ein paar Dörfer weiter die Schilder mit der Aufschrift PIONEER, die entlang der Straße in der Erde der fruchtbaren, ebenen Äcker steckten. Wir haben auch ein Land kennen gelernt in dem Zusammenhalt, Gastfreundschaft und Lebensfreude großgeschrieben werden. Beeindruckend war, dass die Menschen sehr stolz sind auf das Wenige das sie
besitzen und es mit großer Freude mit Gästen teilen. Waren wir bei einer Familie eingeladen führten sie uns bis in den kleinsten Winkel durch Haus und Hof und berichteten dazu mit Begeisterung. Es wurde uns gelernt wie man richtig Csardas tanzt, wie man ein Kesselgulasch
über dem Feuer zubereitet und auch wie man die kleinen Heimkinder mit Stoffwindeln wickelt.
Viele Eindrücke habe ich für mich in dieser Zeit sammeln können. Unter so manchen anstrengenden Nervenproben gab es auch viele berührende und prägende Erlebnisse, die mir lange in Erinnerung bleiben werden.